Sonntag, 3. Dezember 2017

Der Tag, an dem meine Seele zum ersten Mal kaputt ging

Der Tag, an dem meine Seele zum ersten Mal kaputt ging


Lachend laufe ich nach oben, freue mich sie zu sehen...erzähle, lache und fühle mich wohl. Trinke und esse etwas und gehe wieder nach draußen - zu meinen Freunden, die schon auf mich warten - ich bin zu Hause, geborgen. 
Fröhlich und glücklich tobe ich herum, klettere auf einem Baum, meine Hose ist an einem Knie gerissen und dreckig, lache mit Freunden, spiele Fußball und Tischtennis und sitze abends müde und glücklich und geborgen auf der Couch, Oma schneidet Äpfel, wir schauen einen Film. 
Es ist warm und gemütlich und in einer warmen Decke kuschel ich mich an die beiden wichtigsten Personen für mich, in meinem kleinen Leben: Oma und Opa…
und schlafe irgendwann völlig erschöpft und wirklich angenommen und wirklich geliebt ein. Am nächsten Tag fahren wir zum Campingwagen, auch dort nehme ich sogleich das viel zu große Rad von Oma und fahre herum, grüße die vertrauten Gesichter und stehe nach einem plötzlichen Sturz wieder auf, die Ecke war zu kurz und ich zu schnell, wie üblich..der kurze Schmerz wird mal eben fix mit den dreckigen Händen weggewischt und es geht weiter, den Freunden hinter her, die Freiheit zu spielen und sich frei und gut zu fühlen wartet nicht…und ich weiß unbewusst, später bekomme ich dort mit einem liebevollen und leicht lächelnden Blick und dem tiefen, seufzenden und echt ernst gemeinten Satz „du wärst ein guter Junge geworden“ etwas Salbe und ein Pflaster drauf..und kurz darauf ist es vielleicht eine kleine Narbe, aber eigentlich auch schon wieder vergessen…unwichtig geworden und in Vergessenheit geraten. Sicherheit, Geborgenheit.. und das Wissen, sie sind da. 
Jetzt.

Nur gefühlte kurze Zeit später treffen mich harte Schläge mit dem harten Holzstock und hinterlassen Spuren auf meinem kleinen Körper, Schmerzen durchzucken mich und Angst, ich schütze mich und meinen Kopf mit den Händen, auch die bekommen ihre Strafe ab, weil ich nicht liegen geblieben bin und aufgestanden bin, was trinken wollte. 
Ich war böse, habe nicht gehorcht. Ich werde weiter mit dem Stock schlagend und gegen Wände und Türen schubsend wieder zurück ins Bett geprügelt, bekomme dort mit der flachen Hand noch mehrmals Schläge auf den ganzen Körper, mitten ins Gesicht...ich zittere, weiß nicht wohin mit all diesen schmerzenden, ängstlichen Gefühlen, ich weine, haltlos, schmerzvoll…er schüttelt mich und ich werde angeschrien: „Hör endlich auf zu heulen, dein Schreien und Heulen nützt dir nichts, lass es dir eine Lehre sein - wenn ich dir was sage, hast du zu hören. Und nun halt den Mund und schlafe, - tu´ einmal das, was Erwachsene dir sagen. UND wenn ICH was sage, hast du zu parieren!“ 
Ich hörte alles und nichts. Meine Angst war so übermächtig und stark
… alles tat weh… 
mein Kopf, mein Rücken, mein Hintern und meine Oberschenkel… 
noch nie in meinem Leben habe ich so gefühlt, ich rollte mich schmerzend und mühsam zusammen auf dieser harten und eklig riechenden Schlafcouch, die mir so fremd ist und nicht zu meinem Leben gehört. 
Jeder Schmerz ist wie ein Klumpen Eis in meiner Brust und lässt mich einfrieren, ganz tief in mir, alles wird kalt, ich friere ein und ich habe das Gefühl, etwas geht kaputt in mir, aus mir. Dieses laute Rauschen in mir und um mich ist plötzlich ohrenbetäubend und hüllt mich ein, alles andere wird leiser, weit weg und ich verschwinde, bin verschwunden, das erste Mal in meinem Leben einfach weg aus mir, dieses Rauschen hüllt mich ein und trägt mich weg, schützt mich, deckt mich zu… 
der Schmerz verschwindet…fühle mich komisch, allein, schwerelos…
nichts ist mehr da...und alles ist weg… und wird mir egal, auch der Schmerz tut nun nicht mehr weh… 
ich bin nicht mehr ich, ich bin kein Schmerz mehr, bin einfach nicht mehr da. 
Und ich glaube, ich bin sieben, war sieben...an dem Tag, an dem das erste Mal meine Seele kaputt ging und zersprang...
ich erfroren war und bin .. und irgendwie verschwand..


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