Sehr geehrte Leser,
die
nachfolgenden Zeilen habe ich an die Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch
geschickt und ich möchte diese Zeilen dem zu folge auch hier öffentlich machen,
da ich es als wichtig empfinde, über die Taten, aber auch vor allem über die
Folgen eines erlebten Missbrauchs zu ent-tabuisieren und somit aufzuklären:
Ich (08.08.1973)
wurde in meiner Kindheit und Jugend von Ulrich W. (genannt „Uli“), dem
damaligen Freund meiner Mutter J.W. - ab ca. 1982 bis 1891/92 mannigfach
und in jeder erdenklichen Art und Weise - physisch, psychisch und seelisch
missbraucht und vergewaltigt.
Von meiner
„Mutter“ wurde ich physisch, psychisch und seelisch misshandelt und sie war
Mitwissende und Zeugin des Missbrauchs, zum Schluss kam sie „mit ins“ Bett, als
er mich gerade missbrauchte bzw. von hinten in mich eindrang - in dieser
Situation fehlt mir dann jede weitere grobe Erinnerung sowie die Erinnerung der
zwei Jahre danach von ca. 15 bis 17 Jahre.
Beide
heirateten 2014, als bei ihm Krebs festgestellt wurde. Anfang 2016 ist er dann
daran verstorben. Meine „Mutter“ hat dadurch sehr vermögend geerbt…
Im März vor meinem
18.Geburtstag habe ich ihm gesagt, ich „will das nicht“ und er sagte, „ich will dir nur zeigen, was
man so machen kann - und es gefällt dir doch auch“ - und ich sagte NEIN und hielt
mir mein Oberteil fest an meinen Körper gepresst und meine Knie presste ich
auch zusammen, weil er versuchte dann so meinen Körper zu berühren, auf einem
Parkplatz auf einer Autobahn in der Nähe von Dortmund.
Ich sagte
mehrmals NEIN und hatte panische Angst dabei und er schaute mich mir seinen
blauen Augen nur eisig an und sagte, „wirst schon sehen, was du davon hast“ …
Seitdem wurde ich ignoriert und nicht mehr in Sachen einbezogen usw. - aber das
war mir lieber als alles andere, obwohl meine „Mutter“ mich immer wieder an die
Seite zog und fragte, was ich wieder gemacht habe…
Ich kann
auch nach Jahreszahlen nichts erzählen, nur nach Schuljahren - die Schule war
das, was mich „am Leben hielt“, wobei ich erst in der 8. Klasse lernte, die
Dinge zu Hause abzuspalten und auszugrenzen…von da ab war nur mein Ziel, so
viel wie möglich zu lernen, um „da raus“ zu kommen.
Und ich
dachte, je mehr ich weiß, desto weniger kann mir „später“ passieren….
Der
Missbrauch fing schleichend an, erst wurde ich „für alles“ geschlagen,
geschubst, geohrfeigt - mit allen möglichen Dingen wie Schuhanzieher, einen
Stock, dem Gürtel, dem Kochlöffel oder der flachen Hand - und dann, je mehr
meine körperliche Entwicklung voran ging - auch immer mehr „komisch“ an
verschiedenen Körperstellen angefasst und beäugt. Das Misshandeln hörte jedoch
nie ganz auf, von beiden nicht. Erst als ich fast 18 Jahre alt war, habe ich
mich gegen meine „Mutter“ wehren können und zurück geschlagen - ein Reflex, der
mich heute noch sehr verwundert…
Ca. 6 Monate bevor ich meine Periode bekam (in
der 7.Klasse, mit 13 Jahren) kam er nachts zu mir ins Bett. Jede Nacht.
In diesem
Jahr (7.Klasse) nahm er mich auch täglich mit in sein „Büro“, in den
Gebrauchtwagenladen in Dortmund und missbrauchte mich dort jeden Tag sowie auf
dem Heimweg im Auto während des Fahrens, indem er z.B. mit seiner Hand in mein
Shirt oder meine Hose ging.
Aufgrund
dessen, dass ich sehr schlecht in der Schule war (ich konnte den Missbrauch in
mir nicht trennen und konnte nichts anderes als Angst fühlen), wollte er mir
„Nachhilfe“ geben…
Die „Zeugen“
während dieser Zeit waren nicht nur meine Mutter und mein Bruder D., der 3
Jahre jünger war und erst mit mir ein Zimmer teilte, sondern auch meine gesamte
Familie, Nachbarn und Freunde von beiden Erwachsenen.
Ebenso
vermutete dies mein leiblicher Vater 1987/8, der sich aber leider nicht getraut
hat, mal für mich einzustehen und daraus zu holen.
Meine
gesamte Familie ahnte es, was sich nicht nur dadurch kennzeichnete, dass ihn
niemand mochte oder über ihn herzog, wenn er nicht da war, sondern vor allem
dadurch, dass meine jüngeren Cousins und Cousinen niemals bei uns übernachten
durften.
Sobald er im
Raum war, wurde nichts gesagt und „gute“ Miene gemacht - aber sobald er weg
war, hieß er nur „das Arschloch“. Alle hatten eine Art ängstlichen Respekt vor
ihm und akzeptierten ihn, wenn auch widerwillig.
Er „gehörte“
zur Familie. Ich vermute, dass dies auch der Grund war, warum mir bewusst und
offensichtlich niemand half.
Er war ein
großer, beleibter und sehr Furcht einflößender Mann mit einer immer größer
werdenden mittigen Glatze, welche von den immer weniger werdenden dunkelblonden
Haaren etwas verdeckt wurde. Dieser Mann ging über Leichen und übertönte in
seiner herrischen und oftmals auch sehr cholerischen Art alle und jeden.
Er hatte
grundsätzlich immer Recht, egal um was es ging und er herrschte über uns und
beherrschte jeden in seinem Umfeld! UND wenn es verbal nicht möglich war,
schlug er zu. Auch bei meiner „Mutter“, die er sehr häufig schlug und sie „grün
und blau“ war. Zu Beginn bin ich da noch immer zwischen gegangen, als ich dann
aber Prügel kassierte, unterließ ich das und verzog mich in irgendeine Ecke…
Außerdem
verfügte er über gewisse Geldmittel, fuhr entweder einen Mercedes, einen BMW
oder einen Jaguar - meistens war es aber
ein Mercedes, E-Klasse, mit Ledersitzen und einem Schließfach für den
Flachmann, der nie fehlen durfte.
Alkohol
floss immer in Strömen (egal wann!), Lachs, Kaviar, echter Champagner gab es zu
den besonderen Festen, vor allem zu Weihnachten… Dazu wurde natürlich groß
eingeladen (Freunde, Verwandte) und alle reichlich und teuer beschenkt - die
andere Seite dieser „Etikette“ war allerdings, dass mein Bruder und ich in der
Wohnung meiner Mutter „oben im Mehrfamilienhaus“ in Herdecke kaum was zu essen
hatten, sie nie da war, seitdem ich 6/7 Jahre alt war auch immer unten in
seiner Wohnung schlief (außer, wenn sie Streit hatten alle paar Wochen!, ich
meinen Bruder und mich für die Schule morgens fertig machte - sie war sehr selten schon wach bzw. bei uns
„oben“) und wenn wir nach Hause kamen von der Schule, weder meine Mutter da war
noch etwas vernünftiges zu Essen – außer, wie gesagt, wenn sie Streit hatten.
Mein Bruder
und ich hatten oft Hunger; meistens kamen die beiden erst gegen 19 h nach
„Hause“ und machten dann was zu essen, dann war „Familienleben“ angesagt, wobei
ich schon abends vor lauter Hunger keinen Hunger mehr hatte.
Sie war
tagsüber in Dortmund bei ihm im Gebrauchtwagenhandel und arbeitet dort für ihn,
machte Erledigungen usw. - gleichzeitig bezog sie Sozialhilfe für sich und uns.
Er hatte
einen Gebrauchtwagenladen in Dortmund und eine Segelyacht namens „Plaisir“,
eine Hallberg Rassy 35 mit Achterkajüte, in Ketelhaven, Holland.
In der
Achterkajüte hat er mich ebenfalls im Beisein meines Bruders angefasst, er ging
mir unter den Schlafsack und befummelte mich überall.
Nirgends war
ich vor ihm sicher, weder in einem dieser „Urlaube“ noch „zu Hause“, noch
unterwegs im Auto.
Ich habe
mich nie getraut, über das „komische“ Anfassen mit jemandem zu reden, ich hatte
zu viel Angst - und mein Bruder und ich redeten nicht darüber, niemals. Aber
D. hat den Kontakt zu mir abgebrochen vor ca. 17 Jahren bzw. im Jahre 2001
und wanderte nach Amerika aus. Dort hat er eine Frau geheiratet, die unserer
Mutter vom Alter her ähnlich ist und hat mit einigem Geld eine Firma aufgebaut
auf New York Island. Es soll ihm dort ganz gut gehen… und unsere „Mutter“
besucht ihn dort regelmäßig.
Mir wurde
gesagt, ich würde ins Kinderheim kommen, würde meinen Bruder niemals wiedersehen
und auch nicht Oma und Opa und wenn ich jemanden von diesem „Geheimnis“
erzählen würde, würde es mir schlecht ergehen und er würde mich „totschlagen“
(Ein Satz meiner Mutter, den ich sehr oft hörte!). Auch ein Internat wurde immer
erwähnt, was ich eigentlich gut fand, aber ich wollte meinen Bruder nicht im
Stich lassen.
Jedoch habe
ich mehrmals versucht, meine „Mutter“ darauf aufmerksam zu machen, dass ich
„angefasst“ wurde, aber sie machte mir durch ihre drohende Art und ihrem Ausspruch,
dass ich „immer ihrem Glück im Wege stehen würde und ihr alles kaputt machen
würde“, so viel Angst, dass ich vor ihr stehend (das musste ich immer, ich
durfte mich nicht setzen) oftmals in Ohnmacht fiel.
Sie schlug
mich dann am Boden liegend mit der flachen Hand ins Gesicht und sagte, ich
solle nicht so „markieren“ und ihr sagen, was los ist und dann zog sie mich an
den Armen wieder hoch, bis ich wieder einigermaßen stehen konnte und alles fing
von vorne an. Mit 13 habe ich ihr erneut versucht das zu erklären (das erste
Mal mit ca. 7/8 Jahren!), dass er mich anfasst, daraufhin rief sie ihn hoch zu
uns in die Wohnung und wir „sprachen“ über meine Anschuldigung… die natürlich
abgestritten wurde - wir gingen daraufhin als Familie essen und meine Mutter
bekam ein paar Tage später einen Rotfuchsmantel geschenkt. Ihren damals dritten
glaube ich ...
Und das
Telefon wurde mit einem Schloss zugesperrt… und es wurde mir verboten, zu irgendjemanden
hin zu gehen.
Ich sagte
dann gar nichts mehr. Zu niemanden.
Auch bekam
ich die Schuld für seine Launen, die immer dann gut waren, wenn ich mich nicht
gewehrt habe und er mit mir machen durfte, was er wollte. Es gab aber auch
seltene Momente, wo ich mich anders verhielt, nicht „lieb“ war und er dann
schlechte Laune hatte, wenn ich z.B. mit ihm in seinen Mercedes von Dortmund
aus nach Hause fahren musste und er mir während der Fahrt unter das T-Shirt
oder unter den Pulli fasste, um meine Brust zu liebkosen und ich nicht während
der Fahrt meinen BH öffnete oder mich so hinsetzte, dass er mir in die Hose
gehen konnte.
Oftmals ging
er auch einfach über den Ausschnitt unter mein Oberteil, egal was ich trug und
zu jeder Jahreszeit. Er gab mir Anweisungen, wie ich mich hinzusetzen hatte,
ganz leise und zärtlich und schubste mich langsam mit Handbewegungen an meinen
Körper in die „richtige“ Position…
Wenn er dann
„mies“ drauf zu Hause ankam, wurde mir gesagt „was hast du jetzt wieder
gemacht“ und ich wusste, wenn ich jetzt „egal was“ mache, bin ich dran und
würde verprügelt werden - es war ein Kreislauf, aus dem es kein Entkommen gab -
nur die Zeit half mir, indem ich Älter wurde, um so bald wie möglich ausziehen
zu können…
Soweit ich
weiß, ist niemand sonst betroffen gewesen, kein Mädchen wurde zu ihm gelassen
und meinem Bruder ging es soweit gut - wenn man bedenkt, dass er Zeuge war in
den ersten Jahren und er somit selber traumatisiert ist - er wurde immer bevorzugt, weil er immer das
machte, was gesagt wurde und in jeder Hinsicht „besser war“ - was mir fast
täglich unter die Nase gerieben wurde... ich
liebte David über alles und auch heute noch wünsche ich ihm nur das Beste…
Aber
garantieren kann ich nicht, dass er sonst niemanden missbraucht hat und
eigentlich denke ich, dass es da noch mehr geben muss…Ich weiß, dass er vor
meiner „Mutter“ eine Freundin bzw. Verlobte hatte, deren Tochter Liane hieß,
die ein paar Jahre älter war wie ich (ca. 2-4 Jahre), warum die sich getrennt
haben, wurde nie ersichtlich.
Mit 12/13
Jahren bekam ich Vitiligo (Weißfleckenerkrankung), ab ca. 14/15 Jahren habe ich
immer Zwischenblutungen, starke Unterleibsschmerzen und es tat mir „immer
alles“ weh. Seitdem ich 12/13 Jahre alt
war, habe ich Schlafstörungen, Schmerzen im Unterbauch, HNO Probleme und Durch.-
und Einschlafprobleme, bis heute. Irgendwann fühlte ich mich dann nicht mehr,
meinen Körper auch nicht. Ich versuchte zu funktionieren, älter zu werden, um
daraus zu kommen.
Als ich 17
war gingen mein Bruder und ich zum Jugendamt nach Dortmund, weil ich damals
dachte, die würden mir und uns helfen und wären zuständig - dort sagte man mir
aber, ich wäre sowieso bald 18 und für meinen Bruder sollten wir nach Herdecke
(Wohnort) wenden - die wären zuständig. Dann wurden wir „entlassen“ - ich habe
gesagt, dass wir immer geschlagen werden und es uns da nicht gut geht. Keine
Reaktion. Allein da hin zu gehen war ein großer Akt für mich und ihn, weil wir
beide große Angst hatten, entdeckt zu werden - wir waren unter einem Vorwand in
Dortmund, ich weiß aber nicht mehr, warum genau.
Es gab nie
irgendwelche Unterstützung seitens der Schule oder des Jugendamtes.
Ich weiß
noch, dass irgendwann das Thema im Raum stand, dass mein Bruder zu unserem
Vater zieht, warum und wieso weiß ich aber nicht mehr - er bekam dann ein
kleines Motorrad und blieb.
Mit ca. 19
Jahren wurde ich wegen eines Nervenzusammenbruchs in das Herdecker Krankenhaus
eingeliefert, an dem Tag hat meine Mutter mich hinaus geworfen - ich wollte zu
einer Freundin und hatte einen Zettel auf die Treppe gelegt (so haben wir uns
immer gegenseitig Bescheid gesagt, wenn was war, da „Uli“ eine Wohnung im
gleichen Haus hatte und meine Mutter sich dort aufhielt, so wie das „Leben“
dort stand fand!). Grund: weil ich mich „nicht integriere“.
(Zu dem
Zeitpunkt hatte ich ein sehr schlechtes Fachabitur und nur weil ich abging,
hatte ich noch die Noten, die ich für das Fachabitur brauchte -ansonsten wäre
ich sitzen geblieben.)
Bei der
Freundin lief ein Film über sexuellen Missbrauch und diese Bilder und Szenen
haben was mit mir gemacht… ich sah, dass das, was mir passiert ist, nicht
„normal“ war, denke ich - dann weiß ich nur noch, dass ich im Krankenhaus
wieder wach wurde.
Ich bin
danach für ein Jahr nach Amerika als Au-Pair gegangen (habe die Schule mit
Fachabitur abgebrochen nach der 12.Klasse) und als ich wieder in Deutschland
war im Oktober 1993 auch schnell ausgezogen nach einer Bauchspiegelung, da ich
seit Monaten mit starken Schmerzen rum lief und ich eine große Zyste in der
Gebärmutter hatte und viele kleine Porzellanzysten an den Eileitern.
Da war ich
20 Jahre alt. Die Ärzte sagten damals, dass dies nur Frauen normalerweise um die
40 hätten und sie das schon sehr erstaunt hatte…. leider habe ich darüber
keinen Beleg mehr - daran habe ich früher noch nicht gedacht.
Meine Mutter
hat in der Zeit überall rum erzählt, ich wäre auf einer von ihr bezahlten
Auslandsreise - was nicht stimmte, das Geld habe ich mir selber erarbeitet
(Nebenjobs wie Babysitten, Kellnern etc. seit dem 13. Lebensjahr) - Taschengeld
bekam ich so gut wie nie. Mein Konfirmationsgeld behielt sie auch. Beim
Sozialamt erzählte sie, ich wäre ´sitzen geblieben´ und kassierte weiter für
mich Sozialhilfe und Kindergeld während meiner Amerika-Zeit.
Als ich dann
meine eigene Wohnung hatte, habe ich ein Jahr bei einer amerikanischen Familie
mit drei Kindern gearbeitet, in Bochum - die hätten mich damals gerne nach
Phoenix/Arizona mitgenommen, allerdings hatte ich gerade meine Wohnung und auch
Pläne, was ich weiter machen wollte und habe dies abgelehnt. Abhängig wollte
ich von niemanden mehr sein, wobei ich das schon gerne gemacht hätte, aber da
ich in den USA auch erst mit 21 volljährig gewesen wäre, hätte mich das in
meiner Entwicklung wieder zurück geschubst.
Dann habe
ich gearbeitet in Studienkreisen/Nachhilfeschulen und habe das Abitur
nachgeholt, habe allein gelebt - ich merkte bei Bewerbungen (Hotelbereich),
dass mir das unterordnen starke Probleme machte… und ich auch die Arbeitszeiten
nicht gut fand, von der Bezahlung ganz zu schweigen… also wollte ich studieren,
auf Lehramt.
Mit 21
Jahren habe ich mir - nach einem „Spießrutenlauf“ von Arzt zu Arzt und Klinik
zu Klinik - die Brust verkleinern lassen, damals war ich noch schlank (Gr. 38)
und hatte die BH Größe „Doppel D“ und fühlte mich sehr eingeschränkt.
Kurz vor
dieser OP wurde ich vergewaltigt von einem Mann, den ich nur flüchtig kannte
und als er sich mir näherte und Sex wollte, war ich nicht mehr bewusst
anwesend, machte mich weg. Seitdem habe ich den Kontakt zu Männern vermieden.
In der Zeit
davor als Kind und Jugendliche ergaben sich immer wieder Situationen, in denen
ich von mir bekannten Männern (Nachbarn, Familienmitglieder) angemacht und an
gegrapscht wurde, ich vermied daraufhin den Kontakt und dachte, ich habe „Fick
mich“ auf der Stirn stehen - dieses Gefühl hielt lange an und sobald ich mit
einem Mann in einen näheren Kontakt kam, „beamte“ ich mich weg und tat das, was
ich gelernt hatte und was erwartet wurde.
Seitdem ich
aber vergewaltigt wurde, habe ich Abstand genommen und sehr bewusst darauf
geachtet, nicht mehr in solche Situationen zu geraten oder generell mit Männern
in Kontakt zu treten...
Ich hatte seitdem
ich denken kann, schon immer Schmerzen im Unterleib, keine Gefühle am und im
Bauch und der Intimbereich war immer sehr empfindlich und schmerzte stark.
„Freude“
habe ich nie richtig empfinden können beim Intimkontakt und vor allem auch OB s
zu benutzen, war für mich der pure Horror. Auch Binden oder Slip Einlagen zu
benutzen, war für mich sehr schlimm - sie taten mir weh an der Haut. Bei Slip
Einlagen habe ich das heute noch.
Mit 22
Jahren habe ich dann einen Mann kennen gelernt, der mir irgendwie gut tat und
der mir gefiel, der ruhig war und mit dem ich mich wohl fühlte. Mittlerweile
war es mir zwar egal und ich traute keinem Mann mehr - trotzdem verliebte ich
mich in ihm im Juni 1996. Aber auch bei Z. hatte ich Schmerzen, während und
nach dem Verkehr und auch noch lange Zeit danach. Ich habe gedacht, das wäre
normal - was es für mich ja auch war - und habe weiter mit ihm regelmäßig
geschlafen. Ich wollte ja Kinder. Aber
die Probleme im Intimbereich und die Schmerzen wurden immer stärker und schlimmer
und speziell meine Haut brannte wie Feuer.
Als ich dann
schwanger wurde, habe ich mich sehr darüber gefreut, da ich schon immer Kinder
haben wollte.
Aufgrund
dessen, dass ich keine Empfindungen im Unterbauch habe, habe ich auch bei
keinem meiner Kinder Wehen bekommen und hatte demzufolge drei Kaiserschnitte
(erste Geburt war ein Not-Kaiserschnitt wegen einer
Schwangerschaftsvergiftung!). Zwischen dem ersten und zweiten Kind hatte ich
eine Fehlgeburt. Die Geburten waren im Jahre 1997 (w), 1999 (w) und 2000 (m)
und jedes meiner Kinder war von mir gewollt und gewünscht und sind das Beste in
meinem Leben.
Bei dem
Kaiserschnitt im Jahre 2000 ließ ich mich sterilisieren, aufgrund dessen, dass
mein Mann das wollte und ich dachte, dass ich ihn so halten könnte - und
empfand die Sterilisation aber emotional als sehr schlimm.
Sex wurde
für mich immer schlimmer und schmerzvoller, dies war auch ein Grund für die
Trennung von dem Vater meiner Kinder im Jahre 2000 - ich konnte weder mit ihm
„normal“ schlafen, noch vertrug ich sein Sperma, wenn es mich berührte und auch
noch viel später „danach“, „brannte“ mein Intimbereich wie Feuer. Enge Hosen
oder ähnliches konnte ich nicht gut anziehen und keine Creme half und Ärzte
sagten, „da“ wäre nichts. Unsere Beziehung hielt noch mehr oder weniger bis
2002 an…zerbrach aber dann nach der Scheidung; trotzdem war es mir wichtig,
dass er weiter der Vater meiner Kinder blieb und ich achtete darauf, dass er zu
den Geburtstagen da war und zu Weihnachten, ich band ihn in das Leben der
Kinder ein. …
Seit 2002
hatte ich keinen intimen Kontakt mehr mit einem Mann, seitdem ist das Empfinden
„etwas“ besser geworden.
Jedoch waren
die Schmerzen nie weg, auch mit Slip Einlagen etc. musste ich ständig von
„Produkt zu Produkt springen“, weil ich dachte, ich vertrage diese Sachen
einfach nicht und Tampons zu benutzen, war jedes Mal eine Qual. Mittlerweile
tat meine Blutung an sich auch schon weh, wenn ich nur Binden benutzte.
Allerdings
ist es so, dass ich aufgrund einer immer starken und schmerzvollen Regelblutung
nicht auf ob´s verzichten konnte. Auch Schmerztabletten nahm ich aufgrund
dessen sehr oft - ohne Tabletten konnte ich vor allem während meiner Tage nicht
mehr den Alltag schaffen.
Aufgrund von
immer stärker werdenden Unterleibsschmerzen, die ich kaum noch ausgehalten habe,
wurde ich dann 2014 operiert und es wurde mir die Gebärmutter, der
Gebärmutterhals und die Eileiter entfernt und Endometriose diagnostiziert.
Seitdem sind die Schmerzen im Unterleib etwas weniger geworden, trotzdem habe
ich immer noch Probleme im Intimbereich, fühle meinen Bauch nicht und habe
immer noch, immer wieder Unterleibsschmerzen.
Seit 2010
war ich regelmäßig beim Frauenarzt wegen starker Schmerzen an der Haut im und
am Intimbereich - nie wurde eine Diagnose ausgesprochen.
Nun, Ende
April 2017, ging ich zu einer (für mich die letzte Hoffnung)
„Vulva-Sprechstunde“ in der Uni Klinik zu Lübeck und dort wurde erkannt, dass
ich unter „Vulvodynie“ leide - einer Erkrankung, die man nicht sieht und die
meistens Frauen haben, die sexuell missbraucht wurden und die nicht heilbar
ist.
Ebenfalls
habe ich starke HNO-Probleme seit meiner Jugend und wurde auch im HNO Bereich
schon mehrmals operiert, zuletzt im September 2016.
Ich habe
· Vitiligo
· Hashimoto Thyreoiditis
· ein „diagnoseloses“ Asthma (Lungenfunktionstest
sind immer „gut“)
· eine starke PTBS,
· eine „somatoforme Schmerzstörung“
· „Vulvodynie“
· „Reizdarm“
Eine somatoforme Schmerzstörung bzw. die Verdachtsdiagnose
„Fibromyalgie“, weil ich unter unerträglichen und täglichen Schmerzen sowie
Schmerzschüben leide (das erste Mal in meinem Leben war ich schmerzfrei unter
Fentanyl-Pflaster mit 75 mg) und noch einiges mehr…
Schlaf/Durchschlafstörungen
habe ich immer noch, sehr seit den Erinnerungsschüben und Flashbacks im Jahre
2007/8. Zu dem Zeitpunkt war ich alleinerziehende Mutter meiner Kinder und habe
mit ihnen zwei Studiengänge absolviert (Event-Management und Soziale
Arbeit/Sozialpädagogik) und dann hinter her als staatlich anerkannte
Sozialarbeiterin gearbeitet und wir haben in Dortmund in einer schönen Wohnung
gewohnt.
Ende 2008
zog ich mit meinen Kindern nach Oldenburg i.H.
und brach damit den Kontakt zu meiner kompletten Familie ab - ich ertrug
diese Städte nicht mehr, an denen mich alles an den Missbrauch erinnerte…
allerdings wäre ich nicht so weit weg gezogen, wenn der Kontakt zum Vater noch
gut gewesen wäre - aufgrund dessen aber, dass Zakiou seine Kinder kaum sehen
wollte und wieder geheiratet hat 2008 und bald wieder Vater wurde, hat sich das
leider nicht sehr positiv entwickelt. (Mittlerweile hat er drei weitere Kinder
und sieht „unsere“ Kinder ein- oder zweimal im Jahr, je nachdem, was die mit
ihm absprechen.)
In Oldenburg
ich. arbeitete ich 30 Stunden die Woche und leitete die Aktivierungshilfe, was
mir sehr gefiel - leider war nicht nur das Haus voller Schimmel (die Vermieter
hatten einfach übergestrichen!), sondern auch mein Arbeitsvertrag wurde nicht
so verlängert, wie es vorher besprochen war. Ich absolvierte eine Weiterbildung
als psychologische Beraterin und zog mit meinen Kindern im Jahre 2010 in die
Nähe von Lübeck.
Aufgrund
meines Gesundheitszustandes musste ich aber dann meine Stunden reduzieren in
den neuen Job als Moderatorin für das Projekt „Mehr Männer in Kitas“, ich wurde
immer kränker (entzündlicher Ausschlag über Jahre vor allem im
Dekolleté-Bereich zur Brust hin, HNO Probleme, ständige Infekte, immer stärker
werdende Schmerzen überall usw.) und arbeitete nur noch 20 Stunden pro Woche.
Im Jahre
2012 wurde es so schlimm, dass ich mehrere Lungenentzündungen in diesem Jahr
hatte und ins Krankengeld fiel. Da dies aber zu wenig war, bin ich wieder
arbeiten gegangen - bis ich eine Panikattacke während der Arbeit hatte, weil
ich einen Mann reden hörte, den ich bis dato noch nie da gehört/gesehen habe.
Da wusste
ich, es ist vorbei, weil ich auch nun meinen Kopf nicht mehr gebrauchen konnte
- ich hatte Konzentrationsstörungen, Erinnerungsverluste, Panikattacken,
Angstzustände und starke dissoziative Störungen uvm. - ich packte also meine Sachen zusammen und
verließ meinen Arbeitsplatz bei der Caritas und fuhr völlig aufgelöst und
weinend und mit Navi nach Hause und zu meiner Hausärztin. Ich wusste keinen
Ausweg mehr und fühlte mich hilflos.
Oftmals
musste (und muss) ich das Navi an machen, weil ich den Weg nach Hause nicht
mehr fand… ich habe viel geschlafen und versucht, meinen Alltag hinzubekommen,
was sehr schwierig war. Ich war nur noch müde, erschöpft und wurde immer
depressiver uvm. - und trotzdem habe ich mich immer wieder aufgerafft, um für
die Kinder alles hinzubekommen. Ich fühlte mich wie tot innerlich und funktionierte
nur, wenn auch sehr schwer und unter größter Anstrengung… die ersten 9 Monate
nach der Panikattacke habe ich fast nur geschlafen.
An
Selbstmord habe ich auch gedacht, immer wieder - aber die Verantwortung für
meine Kinder ist für mich das Wichtigste im Leben und ich versuche dazu zu
stehen. Jeden Tag.
Dann bin ich
finanziell abgestürzt, fiel wieder ins Krankengeld, lebte am Existenzminimum
und darunter - und das alles mit drei Kindern.
Unterhalt
bekam ich nur 100 Euro pro Kind, Kindergeld für drei Kids, Wohngeld… und nur
fast 700 Euro Krankengeld. Und am 17ten hatte ich noch 100 Euro bis zum ersten…
Ende
Dezember 2012 hatte ich eine halbe EM-Rente beantragt, mit der Hoffnung, dass
ich dann weniger arbeiten gehen und mich mehr ausruhen konnte - IM März 2013
bekam ich den Bescheid, dass mir die volle EM-Rente zugesprochen wurde und für
mich war das das Schlimmste, was mir passieren konnte - emotional und
finanziell.
Dies
bedeute, Kindergeldzuschlag fiel weg, ich war 4 Wochen ohne Geld -
Übergangsgeld etc. gab es nicht - bevor die Rente einsetzte und ich hatte ein
finanzielles Chaos - dabei hatte ich mich die ganzen Jahre bemüht, meinen
Kindern ein sicheres Leben zu bieten… ihnen den „Horizont“ erweitern zu können,
nicht nur mit Musikschule und Sport usw., sondern auch mit Reisen und die
„Welt“ kennen lernen…
und wieder
zerbrach alles, diesmal „nur“ wegen meinem Kopf, auf dem ich mich sonst immer
verlassen konnte… von den körperlichen Sachen ganz zu schweigen - es ging
einfach nichts mehr. Ich fühlte mich entsetzlich und schuldig an diesem ganzen
Dilemma, hilflos, faul und unnütz und einfach ohne Chance, irgendetwas zu
schaffen.
….
„Heute“ bekomme ich EM-Rente, Kindergeld,
Unterhalt (nun klagt mein Exmann auf weniger, weil er Kind Nummer 3 bekam mit
seiner jetzigen Frau) und Wohngeld und es geht mir nicht besser.
Mir wurde zu
Beginn des Jahres ein GDB von 50 zugesprochen, was mich emotional sehr
getroffen hat und mir wieder klar machte, wie sehr ich unter den
Folge-Störungen beeinträchtigt bin - ich habe immer mal wieder
Erinnerungsschübe, dissoziative Störungen, Flashbacks und schmerze nun immer,
jeden Tag und oftmals habe ich „Schmerzschübe“
- aufgrund dessen das ich aber ein Jahr lang „auf Fentanyl 75“ war,
nehme ich nichts mehr. Ich will nicht von irgendetwas abhängig sein. Nie
wieder.
Nähe ertrage
ich nicht gut, schon gar nicht von Menschen, die mir wichtig sind, oft auch
nicht von meinen Kindern, worüber wir dann sprechen - was mich am meisten
belastet.
Besuch zu
haben fällt mir schwer, weil ich das Gefühl habe, ich werde eingegrenzt und
kriege keine Luft mehr, vor allem, wenn jemand bei uns übernachtet. Dies
passiert nicht sehr häufig (ich blocke das immer ab!), aber wenn meine einzigen
Verwandten, zu denen ich noch Kontakt habe, kommen, bleiben die natürlich auch
ein paar Tage, weil sie aus Dortmund kommen und wir uns selten sehen.
Und da ich
schon so keinen Familienkontakt habe - oder meine Kinder - „ertrage“ ich dies
dann, so schwer mir das auch fällt. Auch öffentliche Verkehrsmittel meide ich,
ich bekomme Angstzustände und Panikattacken, wenn zu viele Menschen um mich
herum sind und ich nicht einfach „weg kann“. Demzufolge gehe ich auch lieber
andere besuchen, weil ich dann „jederzeit“ wieder gehen kann - wobei auch dies
sehr selten ist. Mir fällt es oft schwer, raus zu gehen, weil ich mich dann
unwohl fühle.
Auch
bestelle ich vieles über Amazon, so dass ich nicht mehr so oft in irgendwelche
Geschäfte muss. Das erleichtert mir meinen Alltag sehr und vermeidet für mich
einen hohen Stressfaktor, was wiederum meine körperlichen und psychischen
Symptome vermindert.
An schlimmen
Tagen kann ich mich kaum bewegen, schaffe es kaum zu duschen und mich
anzuziehen - schaffe gerade so meinen Alltag - aber es ist jeden Tag so, dass
ich spätestens um 17 h so kaputt bin, dass ich mich hinlegen könnte und würde
dann aber mindestens 4 Stunden schlafen… dies zögere ich hinaus, um nicht einen
noch gestörteren Rhythmus zu bekommen.
Wenn mal ein
guter Tag ist, war ich mit meinem Hund im Freilauf, habe gebacken oder schreibe
etwas…aber die Tage sind selten. Oftmals bin ich einfach nur froh, den Alltag
hinbekommen zu haben und meinen Kindern was Warmes gekocht zu haben sowie zu
sehen, dass meine Kinder „normal“ sind und ohne Beeinträchtigungen aufwachsen
und leben können, ohne Angst und Schmerzen.
Das erfüllt
mich dann mit großer Erleichterung und auch etwas Glück, egal wie schlecht es
mir dann geht.
Trotzdem
wünsche ich mir manchmal etwas „Normalität“: arbeiten gehen zu können, gesund
zu sein, Freunde treffen zu können, ohne das Gefühl zu haben, ich kann es
nicht, ich schaffe es heute nicht… und
ich muss jeden Tag lernen für mich, dass ein „nicht können“ zwar das Schlimmste
ist, was es gibt - zumindest für mich - aber ich damit lernen muss umzugehen.
Und es fällt mir immer wieder und jeden Tag auf s neue schwer.
Mel Alazza, Ende 2016
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