Dienstag, 6. Juni 2017

"einfach nur MEL"

…einfach nur „Mel“!

Seit jeher fühle ich mich nicht gut, wenn jemand mich bei meinem Geburtsnamen „Melanie“ ruft - auch das Schreiben meines offiziellen Vornamens und das benennen dessen bei jemanden, den ich kennen lerne, geht es mir nicht gut. Schon immer nicht, aber gespürt habe ich es einfach nicht so. Zumindest nicht sehr bewusst. Aber spüren und fühlen ist ja in Bezug auf meine eigene Wahrnehmung eh´ein großes Problem...

Das Namen generell traumatisierend sein können, war mir ebenso nicht bewusst - und davon gehört hatte ich auch noch nie.
Logisch erscheint es mir nun, aber es war nie in meinem Gedanken oder hatte ich auch nie irgendwo gelesen etc. und ich dachte, das würde nur bei „Zeugenschutzprogrammen“ oder Transsexualität etc. greifen. Doch dem ist nicht so.
Ich war sehr überrascht, dass ich nun seit ca. 8 Monaten immer mehr darüber erfahre und je mehr ich darüber weiß, desto klarer wird es mir, dass ich dies anstreben werde.

Meinen Nachnahmen bin ich ja schon „los“ geworden durch meine Heirat, was ich damals als sehr wohltuend und erleichternd empfand, diesen verhassten Nachnahmen endlich los zu sein.
Als ich nun davon erfuhr, dass dies ggf. auch bei meinem Vornamen möglich ist, war ich erst erstaunt - dann habe ich gedacht, vielleicht trifft es auch auf mich zu, dies machen zu können!?
Nach einigen Recherchen im Internet (verschiedene Foren und Seiten) erfuhr ich dann, dass dies auch bei Menschen möglich ist, die betroffene sexueller Gewalt sind und wo der Name traumatisierend ist.

Kostenpunkt bis ca. 500 Euro.
Also habe ich herausgesucht, wo ich hin gehen müsste, um mich darüber zu informieren und erfuhr dabei, dass die Stelle die für den "Kirchenaustritt" z.B. zuständig ist, auch z.B. für Namensänderungen zuständig sind.
Da ich sowieso aus der Kirche austreten wollte, war dies stimmig und ich ging da mal hin im April 2017, trat aus der Kirche aus und besprach mein Anliegen mit der Sachbearbeiterin.

Leider ist es so, dass diese nicht sehr positiv darauf zu sprechen war und u.a. sagte, dass sexueller Missbrauch ja nichts außergewöhnliches wäre und ob dies nun auch befürwortet werden würde, würde sie in Frage stellen! Auch wäre es ja nun so, dass ich schon 43 Jahre mit diesem Namen leben würde und es auf die „restlichen paar“ Jahre nicht so ankommt - Wortlaut!

Äußerlich war ich gefasst und versuchte wieder - ganz sachlich und emotionslos - zu erklären, dass mir sehr bewusst ist, was und das da Gegenargumente kommen würden, dies aber jedes Mal ein Problem für mich darstellt und mich retraumatisiert.
Dies ging noch einige Male hin und her, bis ich für mich merkte, das reicht nun und ich völlig verunsichert dieses Büro wieder verließ - nicht verunsichert darüber, dass ich das anstrebe, aber verunsichert darüber, dass ich das alles wirklich so empfinde! Als ich da raus war, bekam ich eine Panikattacke, Atemnot, mir wurde übel und schlecht und ich dachte, ich müsste mich übergeben usw. - versuchte, so schnell wie möglich zum Auto zu kommen , um dort wieder etwas zur Ruhe kommen zu können.

Nach einer Viertelstunde fuhr ich nach Hause und war erst einmal durch für den Tag - ich kam mir wieder vor, als könnte ich meiner Wahrnehmung nicht trauen und dieses „Sie leben da ja nun schon 43 Jahre mit“ usw., empfand ich als einen Schlag ins Gesicht - wurde aber wieder stumm, weil ich mich weder ernst genommen fühlte und dieser erlebte Missbrauch quasi mit ihren Aussagen herunter gespielt wurde von der Sachbearbeiterin - dabei geht es mir nicht um Mit-Leid, sondern einfach nur um Verständnis und Empathie, was man besitzen sollte, wenn man in einem öffentlichen Büro mit Menschen „arbeitet“.

Ich brauchte einige Wochen, um dies für mich zu verarbeiten, schrieb einen Brief zu dem Erlebten an die Sachbearbeiterin (noch nicht weggeschickt), um dies besser für mich zu verstehen und dachte weiter darüber nach.

Auch sprach ich mit meiner Therapeutin darüber, die dies absolut befürwortet und die Reaktion der Sachbearbeiterin auch für nicht sehr positiv hält.
Ich war sehr erleichtert, dass meine Therapeutin dies für mich als ebenso wichtig erachtet und sie sagte mir auch zu, diesbezüglich gerne ein Schreiben zu verfassen.
Das bestärkte meine geschwächte Wahrnehmung wieder etwas, gab mir Halt und erleichterte mich - ich wurde verstanden!

Seit Jahren schon werde ich einfach nur "Mel" gerufen und das fühlt sich auch sehr stimmig für mich an - und gut!
UND heute weiß ich, ich bin: „einfach nur MEL“!

UND dieser andere Schritt bzgl. Namensänderung, der kommt nun ebenfalls auf mich zu, aber erst im nächsten Jahr vermute ich und wenn ich wieder etwas mehr Kraft habe, um diesem Stress entgegen zu treten.

Dieses Jahr ist schon Wirbel genug mit dem OEG-Verfahren, (ein erneutes Unterhaltsverfahren) sowie mein Buch sorgen schon für genug Wirbel.
Außerdem habe ich an der Studie für Betroffenen von PTBS in Berlin teilgenommen , der Charité, sowie Fragen beantwortet für die Aufarbeitungskommission von sexuellem Missbrauch, ebenfalls in Berlin.
Auch werde ich nun vor verschiedenen betroffenen und nicht-betroffenen Menschen und Berufsgruppen mein Buch vorstellen und dies präsentieren bzw. über die Folgen von sexueller Gewalt sprechen…
Für ein Jahr reicht das erst einmal ;-)

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