Sonntag, 25. Juni 2017

grenz-über-schrei-ten-des Verhalten!





Immer wieder passiert es, oft unbemerkt und nicht sehr sichtbar für andere - oder so sichtbar, das vor lauter Schock/Überraschung nicht oder nicht sofort eingegriffen wird…

grenzüberschreitendes Verhalten begegnet uns immer und überall - vor allem als Kind bzw. Kindern gegenüber!

Ein Beispiel: meine Tochter saß im Kinderwagen, war ca. 2 Jahre alt (ca. 1999) und eine ältere Dame griff meiner Tochter ins Haar und fasste es an und sagte, „was bist du süß“! Meine Tochter - die das schon häufiger erlebte und der ich auch schon versucht habe mitzuteilen, dass das nicht richtig war und sie niemand einfach so anfassen darf- zog die Hand der Dame von ihrem Kopf weg und sagte „Lass das!“ Dadurch, dass die Frau sich so schnell vorbeugte und Sharine anfasste, konnte ich überhaupt nicht so schnell reagieren, wie es meine Tochter tat und ich war überrascht durch diese klaren Worte und die Geste dieses kleinen Menschen - und platze vor Stolz darüber, dass meine Tochter es mit diesen Worten schaffte, die Frau von sich etwas zu entfernen! Die Frau sagte dann: “Was ist das den für ein Verhalten?“ und schaute meine Tochter böse an, ich trat dazwischen, sah die Frau an und tat so, als würde ich ihr in ihr frisch toupiertes Haar fassen wollen - diese wich entsetzt zurück und sagt, „Fassen Sie mich nicht an!“ Daraufhin schaute ich sie an und sagte:“ Und mit welchem Recht haben Sie meine Tochter angefasst? Niemand muss sich von irgendjemanden anfassen lassen - und erst recht keine Kinder von Erwachsenen!“
Daraufhin habe ich zu Sharine gesagt, wie toll sie das gemacht hat und wie stolz ich auf sie bin und das sie sich von niemand anfassen lassen muss!
UND bin dann weiter einkaufen gegangen --- dieses Erlebnis hat mich echt auch geprägt und mir bewusst gemacht, wie man seine Kinder stärken kann und wie toll Kinder sich dann auch so verhalten könne, wenn sie „Rückendeckung“ von denen haben, die sie lieben! Allerdings sind diese Momente auch so schnell passiert, dass eine Handlung oftmals erst verzögert eintritt - aber besser wie nie!
Die Dame hatte bestimmt was zum Nachdenken mit auf dem Weg bekommen, ich hoffe sehr, dass ihr das einiges bewusst gemacht hat - auch wenn sie es nicht böse gemeint hat, Sharine anzufassen! Aber ich bin fest davon überzeugt - und das haben mir meine Erfahrungen gelehrt, dass es genau da anfängt!
Und dies war nun eine fremde Frau - was aber passiert mit Menschen, die einem Nahe stehen, die man kennt - die man vielleicht liebt!? Und genau das ist der Punkt!
Fremden gegenüber sind „wir“ sowieso nicht so vertraut gegenüber, ggf. skeptischer und auch nicht sofort „nah“.
ABER, was ist mit dem Vater, der Stiefmutter - ggf. dem Opa oder dem Halb-Bruder?! Das Verwandtschaftsverhältnis spielt in diesem Fall nicht so eine große Rolle, sondern nur, wie nah eine Person einem Kind gegenüber ist und steht und wie sehr dieser in der Familie eingebunden ist.
Je näher eine Person einer anderen ist, desto stärker kann der Übergriff sein und desto machtloser wird der oder die Betroffene…weil man durch eigene Gefühle gehemmt ist, etwas gegen dieses Verhalten, gegen dieses komische Gefühl „etwas stimmt hier nicht“ zu machen.

UND das ist genau der Spielraum, den Täter brauchen, um sich ein Opfer zu schaffen und es so zu konditionieren, dass es alles zu lässt und aus Scham und Schuld jahrelang schweigt!

Das ist genau die Lücke, in der man präventiv eingreifen sollte - und muss - um vor allem Kinder jeglichen Alters vor Übergriffen zu schützen! Ich denke, dass dies nicht leicht ist, aber machbar und ich habe es versucht, mit meinen Kindern präventiv zu machen, was mir ganz gut geglückt ist!

Aber darauf gehe ich gerne an anderer Stelle nochmal ein!

Nun zurück zu einem aktuellen grenz übergreifenden Verhalten, welches mir letzte Woche passiert ist.

Ich habe einen Vortrag gehalten über mein Buch bzw. über das Thema „Folgestörungen nach Missbrauch“ und es gab unter den Teilnehmern einen Mann, der schon durch seine Art und Weise etwas auffiel…er kam etwas näher als ´üblich´, um mir die Hand zu geben zur Begrüßung und ich fühlte mich „etwas komisch“ dabei, spülte es aber weg, weil ich dachte, das ist nun die Aufregung vor meiner zweiten Präsentation usw. (von wegen der eigenen Wahrnehmung trauen!).

Als ich anfing mich den Teilnehmern zuzuwenden, merkte ich, dass mir die Nähe zu diesem Mann, der direkt vor mir saß, zu nah war und ich rückte meinen Tisch weiter nach vorne. Während des gesamten Vortrages fühlte ich mich angespannt, merkte immer wieder, dass die Blicke des Mannes intensiver waren - er mich quasi musterte - als von den anderen Teilnehmern.
Zwischendurch versuchte dieser auch mich zu „therapieren“, durch Andeutungen wie „Du weißt ja, was es bedeutet, wenn Dein Sohn Asthma hat usw.“ und da war für mich ein Punkt erreicht, wo ich ihn ansah und sagte: „ Es geht hier nicht um meinen Sohn und meinen Kindern geht es gut!“ Daraufhin verkniff er sich weitere Bemerkungen diesbezüglich und saß mit verschränkten Armen vor mir.

Nach dem Vortrag allerdings kam er zu mir und setze sich auf dem Tisch, auf dem meine Sachen lagen, ich stand dahinter und räumte diese gerade ein.
Ich war erledigt von diesem Vortrag und sehr angespannt, zumal ich ahnte, worauf es hinaus laufen würde - ich kannte dieses „vertrauensvolle zu mir setzen“ - und ich merkte, dass ich immer angespannter wurde.
Die Frauen waren weg, bedankten sich vorher bei mir und ich blieb alleine mit dem Mann.
Dieser beugte sich etwas weiter vor und sagte, dass er sich nicht zutrauen würde, mich zu behandeln, aber er eine gute Therapeutin wüsste, da meine „Probleme“ zu hoch für ihn wären….ich wurde stumm durch so viel Dreistigkeit und schaute ihn an.
Er gab mir einen Zettel und sagte, ich soll doch mal seine Dozentin anrufen, die könnte mir bestimmt helfen… ich wusste, dass ich ihn „nett“ nicht los werden würde und sagte danke, steckte den Zettel ein und versuchte beschäftigt zu wirken.
Daraufhin sagte er, er hätte auch durch ihre Behandlung 15 Kg abgenommen und vielleicht könnte die mir auch mit meinem Übergewicht helfen… ich merkte innerlich, wie ich rot wurde und wütend, konnte aber nicht reagieren und sagte gar nichts (von wegen Folgestörungen…), weil ich so geschockt war darüber, so was zu hören, ohne diesen Mann privat zu kenne, oder ihn um Rat bzw. Hilfe gebeten zu haben!
Er ging dann kurz danach und ich merkte, dass ich anfing zu zittern, weil ich so wütend war auf mich selber nicht so reagieren zu können, wie es normalerweise angemessen gewesen wäre, nämlich diesen Mann in seiner ganzen narzisstischen und auch grenz übergreifenden Weise mit Worten abzuwehren!
Ich war wütend auf diesen Typen, der mein Übergewicht unangemessen anspricht und mich ungefragt analysierte UND mir dann noch ungefragt eine Therapeutin quasi anbot, um mich „behandeln“ zu lassen! Ich hatte weder um eine Analyse bzgl. meines Traumas noch meines Gewichtes gebeten, noch um Hilfe - ich wollte nur erzählen, wie es ist mit den Folgestörungen von Missbrauch zu leben!

Nach ein paar Minuten merkte ich, dass es besser wurde, ich mich aber vor so was noch mehr und auch besser schützen muss und dachte, prinzipiell dürfte ich nicht alleine sein in so einer Situation und dass ich es erzählen würde und müsste, um nicht wieder in so einer Situation zu kommen.

Solche Menschen wie dieser Mann waren mir schon öfter begegnet - Menschen, die sich im höchsten Maße profilieren müssen, um sich selber zu beweisen, was sie für ein toller Typ sind und dann ungefragt andere in einer etwas anzüglichen Art und Weise - und sehr großzügig und etwas von oben herab - Hilfe oder Rat anzubieten. UND natürlich nichts davon merkten oder wussten, dass sie sich so anderen so gegenüber verhalten!

Ein Resumé des Ganzen ist, dass ich etwas mehr Platz einnehmen werden zwischen den „Zuhörern“ und mir und dass ich noch besser lernen muss, meiner Wahrnehmung zu vertrauen UND mich verbal noch besser zu „vertreten“ UND anzugrenzen.

Auch wird in meinem Flyer ein Satz stehen zum Schluss, in dem ich darum bitte, weder therapiert zu werden während meines Vortrages, noch Adressen von Ärzten etc. benötige, um „geheilt“ zu werden.

Einen allgemeinen und positiven und auch gesunden Austausch finde ich gut und bin ich für, allerdings nur dann, wenn es nicht „gönnerhaft“ ist und von oben herab - und darum gebeten wird oder der Anlass demzufolge auch da ist.

Gerade und speziell so ein Verhalten gibt es massenhaft, weil sich viele Menschen erst dann besser fühlen, wenn sie sich über andere stellen können, in welcher Weise auch immer.

Auch das ist grenzüberschreitendes Verhalten, eher verbal als körperlich und doch im höchstem Maß verletzend.

Es ist wichtig die Menschen darauf zu sensibilisieren, dass es eine Art von Nähe gibt, welche verletzen kann und das nicht alles was man denkt, gesagt werden muss - außer man wird darum gebeten!

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