Dienstag, 27. Juni 2017

hoch geflogen, tief gefallen - und irgendwie überlebt!





Ich flog so schön weit oben, dachte, ich hätte es geschafft, distanzierte mich immer mehr von dem, was mich umgab, von dem vagen Gefühl, was ich erlebt habe - wer ich war und ließ alle Ketten und Gefühle  und meine „Familie“ hinter mir…
und dachte, ich bin endlich frei!
Ich versuchte alles möglich zu machen, meinen Traum von Familie zu leben - Kinder zu bekommen, meine Liebe so umfangreich zu geben, zu studieren, zu arbeiten, trotz aller Schwere, allein erziehend für drei Kinder zu sein - und selbst das spürte ich nicht! Weil ich in einer Zukunft lebte, einem Schein von ´gut verdienen´, ´arbeiten zu gehen´ und Kinder zu haben, die fast erwachsen sind und ebenso einfach glücklich sind, mit dem wie und was sie sind…
Und als ich dachte, ich habe es geschafft, ich bin endlich frei, fiel ich herab, brach mir alles was geht und sein kann und landete tiefer als tief, in einem dunklen Loch, das meine Vergangenheit und somit mich umgab…
Ich konnte nichts sehen, nichts spüren, kämpfte um das Leben, was ich nicht mehr spürte…auch das Leben wollte ich eigentlich nicht mehr - aber was soll ich sagen!? Die Verantwortung für meine drei  - das Allerbeste in meinem Leben - zwang mich weiter zu machen, weil ich sie nicht verlassen konnte, ohne mich zu schämen, meiner Verantwortung nicht gerecht worden zu sein.
Also machte ich mich weiter, aufrecht hielt mich nur mein Verantwortungsgefühl, alles irgendwie hin zu kriegen war das Ziel…
Niemand sah es mir an, wie todunglücklich ich war, wie schlecht es mir ging, wie betäubt ich war, von dem, was mich in der Vergangenheit hielt und wie schwer es war, dies alles so zu sehen und zu fühlen… tiefer als tief zu fallen und nichts mehr zu haben, was einem mit Liebe und Mut füllt, weiter an ein Leben zu glauben, was positiv vielleicht mal sein kann. Es ging nicht um eine Depression, es ging um ein „am Ende sein“ von allem, was erlebt wurde und von allem, was ist.
Immer als stark gesehen zu werden, obwohl ich so schwach war mittlerweile und nichts mehr konnte, außer irgendwie zu atmen…wurde nicht gesehen. Hilfe anzunehmen, fiel mir so unsagbar schwer...und wurde auch fast nie gegeben. Oftmals saß ich am Tisch, stundenlang, konnte mich nicht bewegen, weil ich betäubt war von diesem ganzen schwierigen Leben und dieser heftig beschissenen Phase, die mich hier nun umgab. Ich konnte nicht mehr. Es ging nichts mehr. Mit Mühe absolvierte ich das Aufstehen, das Duschen, das Anziehen…. und fühlte mich danach, als hätte ich einen 26 Stunden Tag hinter mir und wusste, ich muss durch-halten, ich musste: die Kinder weg bringen, einkaufen gehen, Essen kochen..funktionieren!
Ich zog mich aus allem  und von allem zurück, spürte mich nicht mehr und trotzdem mehr,  als jemals zuvor, damit ich irgendwie funktionierte.
Wie sollte man das erklären, wenn man es selber nicht versteht?
Es geht mir nicht um ein Jammern, ging es mir nie. Es geht und ging immer darum, verstanden zu werden - wenn schon nicht „gesehen“, von den wenigen Kontakten, Freunde, die blieben. Vor allem  wollte ich mich selber verstehen …
Kontakte halten konnte ich nicht mehr, telefonieren, Gespräche, alles fiel mir so verdammt schwer, weil mein Kopf nicht mehr funktionierte… ich nicht mehr wahr war. Wie sollte dies jemand verstehen, wen ich dies noch nicht einmal verstand?!
 Die Zeit verging und ich begriff nicht, wie ich vorher in einem Hamster-Rad leben konnte, mit der Sorge um Studium, Arbeit, Kinder, Beziehung und den aufkommenden Erinnerungen und dem Ganzen, was Leben leben damals für mich war. Alleine zwei Termine am Tag schafften mich nun schon - wie habe ich bitte nur 6 geschafft davon: an einem Tag!? UND immer mit drei Kindern, weil ja meine Familie - und auch der Vaterdessen - keine war!? ich weiß es heute nicht, das einzige was ich weiß ist, dass ich nicht mehr ein „Versager“ sein wollte, das ich was erreichen wollte…ich einfach anders sein wollte, als das was ich  mal sein musste.
Ich wollte verstehen irgendwann, was da mit mir passierte - und warum.
Ich wusste, dass meine Kindheit scheiße war, gewesen ist - aber dieses unnormale war ja normal für mich - insofern sah ich nicht, WIE gravierend es wirklich gewesen ist… das Ausmaß dessen, ist mir glaube ich immer noch nicht ganz bewusst, weil ich zu tief drin stecke in den Folgestörungen dieser mannigfachen und facettenreichen Missbrauchs.- und Vernachlässigungszeit.
Ich wurde sexuell missbraucht und vergewaltigt. Ich wurde vernachlässigt. Ich wurde psychisch und seelisch schwer verletzt und traumatisiert…  Das kann ich nun sagen und es auch benennen - weil ich es verstanden habe, weil ich es auch endlich fühle und es auch weiß! Trotzdem ist es oftmals schwierig, dies alles zu be-greifen, weil einfach kein Ende in Sicht ist …kein Ende von aufkommenden Erinnerungen! Ich  - trotz allem - immer wieder neu lernen muss, mich selber zu schützen, vor allem in Situationen, die mich erstarren lassen und mich so wehrlos fühlen lassen … es passiert nicht mehr oft, kommt aber leider immer noch vor.
Ich verstehe immer mehr - und ich weiß auch, das für mich dieses „tief fallen“ sehr beschissen war - mir aber „mich“ gezeigt hat, mein Leben völlig zerstört und irgendwie vor allem in den letzten Monaten wieder neu formatiert hat.
Ich weiß nun schon etwas, über mich, über das, was ich irgendwie doch kann, obwohl ich alles, was mal wertvoll war für mich, verloren habe. Ich habe meine Träume verloren, meine Ziele und Wünsche und habe - und das war das Schlimmste daran - dieses „ich“ verloren, was ich dachte, was was kann.
Ich war im Irrtum.
Ich habe in einer Schein-Welt gelebt. Einem Schein dessen, was ich d a c h t e , was mich ausmacht, was ich d a c h t e , was ich bin und was ich D A C H T E erreichen zu müssen, um was zu S E I N.
Ich habe n i c h t  gefühlt. Ich war N I C H T.

ABER, ich weiß genau, das ich nun B I N.
UND ich beginne mich erst seit ca. einem Jahr zu spüren, zu fühlen, was bin ich  - und was kann ich. JETZT.
Darum geht es.
Ich musste anhalten, wurde rausgeworfen, mitten in einem Ozean voller Trauer und Verzweiflung und Mutlosigkeit, ohne schwimmen zu können. Ich bin ein paar Mal ertrunken, war fast tot.
Doch ich habe mich  - wie auch immer - an mir selber festgehalten, habe gelernt etwas zu schwimmen…zwar sehr langsam…und auch wenn ich auf der Stelle blieb, bekam ich Luft. JETZT. Ich konnte A T M E N. N U R  für mich. und das zählte nur…mehr gab es nicht…
Ich sah mir den Himmel an über mir. Seine Zeiten voller Schönheit und Ruhe, seiner Zeiten in einem heftigen Sturm… ich sah es, fühlte es. UND hielt mich weiter oben, japsend, wenn mich eine Welle umwerfen wollte und voller Wucht traf. Ich F Ü H L T E. Ich fühlte das Wasser um mich herum…die Kälte und Heftigkeit der Wellen, die tiefen Strudel unter mir, die mich immer wieder einluden, ihnen zu folgen, mich einfach hinab gleiten zu lassen… ich spürte sie… und hörte die Vögel, sah wieder nach oben und merkte, D A S ist Leben. Ich spürte L E B E N. Das allererste Mal. UND  A T M E T E.
Ich lerne mich kennen, fühlte meine Bewegungen im Wasser…schwamm und schwimme nun, wie ich es B R A U V C H E.  Ich M U S S  nicht mehr.
Ich K A N N, wenn ich W I L L…. und das ist der Unterschied zu früher. UND ich sehe wieder Land, brauche es aber nicht mehr, um Boden unter den Füßen zu haben…
UND ich weiß nun auch, dass ich kein Versager bin, das ich leben will - und das ich es auch wieder kann.
Und ich muss nun gestehen, was Besseres als dieser Zusammenbruch vor drei Jahren, konnte mir nicht passieren, auch wenn der Grund dafür einfach kaum zu ertragen ist:
weil ich nun - trotz der vielen Dingen, die mich durch vergangenes ausmachen, die ich erlebt habe - endlich sein kann, wie ich bin, wie ich jeden Tag mehr „ich“ werde.
UND wie ich B I N, lerne ich jeden Tag neu… das ist vermutlich - trotz aller Schwierigkeit und trotz aller Schwere, die auch noch I S T  - das größte Geschenk für mich.
UND natürlich hätte ich mir das alls anders gewünscht - doch es ist nun mal so, wie es
JETZT gerade I S T.


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