Dienstag, 27. November 2018

nicht mehr stumm sein
An alle, die keine Worte finden für Taten, die an ihnen grenzüberschreitend begangen wurden...vielleicht nicht nur in jungen Jahren!
Ohne Worte zu sein in Bezug auf Geschehnisse um uns herum, in unserem Familienkreis oder aus der Vergangenheit schneiden uns ab von den eigenen Gefühlen dazu, die eigene, innerliche und persönliche Entwicklung ist dadurch blockiert, verhindert Leben in Fülle mit sich selbst und vor allem auch mit anderen, nimmt Worte für Taten, die unaussprechlich waren - und immer noch sind und diese unaussprechlichen Dinge sind Mauersteine, die in uns so schwer liegen, um uns herum sind...uns erdrücken, uns töten, die Worte nehmen, so sehr stumm machen, weil einfach Worte fehlen und uns immer weiter unter Wasser drücken, wo kein Sprechen möglich ist...
Grenzüberschreitendes Verhalten: ein Fausthieb ins Gesicht, ein Tätscheln des Hinterns oder zu sehen zu müssen, wie die Mutter verprügelt wird von dem Mann, der sagt, dass er sie liebt...
„...ich liebe dich, schlage dich oder vergewaltige dich und wehe, du erzählst es irgend jemanden - dann verlasse ich dich!“
Jede verletzende Grenzüberschreitung, die dir geschehen ist, ist NICHT deine Schuld, auch wenn du dich schuldig fühlst, weil du für dich „vielleicht nicht lieb warst“ zu Mama oder Papa, deinem Mann nicht schnell genug das Essen gebracht hast oder ihm vielleicht widersprochen hast...oder weil dein Körper reagiert hat, obwohl du das nicht wolltest, von ihm angefasst, übergangen in deinem Willen und missbraucht, vergewaltigt zu werden - in welcher Form auch immer! DU bist NICHT schuld!!!
Missbrauch entsteht, weil man seine eigenen Grenzen nicht anerkannt bekommt, diese nicht vermittelt werden...einfach nicht da sind und weil es Menschen gibt, denen du einfach egal bist, die DICH miss-brauchen, um sich selber gut zu fühlen, sich be-friedigen an dir, deiner Angst vor „ihm“, deiner Angst vor „ihr“ - und das rechtfertigen mit der Begründung, „...es hat ihr/es hat ihm gefallen...“ - schau, dein Körper reagiert, egal, wie alt du bist!!! „...Also magst du, was ich tu, was ich mit dir mache...“ - auch wenn es Sachen sind, die du nicht kennst, dir weh tun.... - und deine Scham wird so übergroß, dass sie dich auffrisst, weil dein Körper dich verraten hat, er einfach mitgemacht hat, auch wenn du dann schon gar nicht mehr da warst, dies vielleicht von oben gesehen hast, weil dein Gehirn - um dich im Kern zu retten - alles abgespalten hat, nichts mehr erinnert wird, man nur vage eine schlechte Kindheit hatte...oder hat.
Und dann gibt es da noch diese Schuld, die so groß ist wie die Scham, weil du (vielleicht irgendwie gefühlt) „der Mama den Freund genommen“ hast, mit ihm „rumgemacht“ hast, ein großes Geheimnis mit ihm hast und merkst, wie schön es ist, mal beachtet zu werden, trotz eines schlechten Gewissens, welches dich quält, weil es sich tief in dir als Unrecht anfühlt und du auch weißt, dass dies nicht richtig ist, was er mit dir macht und es dir niemals gefallen würde, nicht gefällt - und du plötzlich nicht mehr im Familiensystem bist, weil du nun ausgestoßen bist mit diesem Geheimnis, was nicht tragbar ist, dich so stumm macht, egal wie alt du bist... und er dich - und auch andere - weiter manipuliert, dir sagt, wie toll du bist und das er dich liebt, stolz auf dich ist und das du nur lieb sein musst, ihn nur so gefällst - und wenn du ihm nicht gefällst, er dich einfach schlägt, mit Missachtung straft, weil du dich vielleicht gewehrt hast, gesagt hast, dass dir das, was er mit dir macht, nicht gefällt - und du plötzlich wieder ein schlechtes Gewissen hast, weil du ihm widersprochen hast....vielleicht mal NEIN gesagt hast...und dadurch so eine große Angst hast, verlassen zu werden und dann wieder alles machst, nur um seine/ihre Liebe zu erfahren, auch wenn sie so schlecht für dich ist, dein Leben zerstört, dich am Leben hindert und dir ein falsches Bild gibt von Liebe, Vertrauen und Familie sein...
Liebe tut nicht weh, Liebe schadet nicht, Liebe manipuliert nicht - Liebe schützt, behütet, versorgt mit liebevollem Respekt, würdevoll und wertschätzend und mit dem ganzen Glück, was ein zusammen sein mit sich bringen kann - dies zu fühlen, zu ver-stehen ist oftmals schwer, weil es sich so nicht anfühlt für Betroffene von sexuellem, physischen, psychischen und/oder seelischen Missbrauch.
Wert-zu-sein, Selbst-Liebe, Selbst-Wert...so viele Begriffe, die oftmals ohne Inhalt sind für Menschen, die durch einen anderen Menschen bzw. durch andere Menschen Leid erfahren haben, ausgenutzt, missbraucht wurden...das Innerste stirbt und man rennt verzweifelt einem leben hinter her, welches man führen muss, um nicht zu sterben, irgendwie und irgend was wert zu sein...wie auch immer dieses Gefühl gerade ist und durch was auch immer dieses Gefühl geschenkt wird.
Es sind so viele betroffen, doch kaum einer merkt es, weil dieses Thema so schlimm tabuisiert wird und ist und einfach nicht gesprochen wird über Taten, die nicht geschehen dürften, einfach so widerwärtig sind ---
...Und da sitzt da der alte Mann mit dreckigen Klamotten und einer viel zu dünnen Jacke mit gerade mal Mitte zwanzig auf der Straße, mit dem Wodka in der Hand, abgefuckt und stinkend in seiner eigenen Pisse sitzend, schaut dich nicht mal an...weil er versucht seine Gefühle zu betäuben, die einfach nicht mehr ertragen kann, sich aufgegeben hat und nur noch hofft, irgendwann erlöst zu werden...mit dem wenigen Geld der Passanten in dieser dreckigen Plastiktasse vor ihm stehend...
und direkt ein paar Straßen weiter, in irgendeiner abgefuckten Stadttoilette, die von vielen schon nicht mehr aufgesucht wird, weil sie zu dreckig, zu dunkel ist, dort so vieles kaputt ist, ist dieses fünfzehnjährige Mädchen mit zu viel Schminke im Gesicht und knutscht mit diesem Mann rum, der ihr Opa sein könnte und lässt sich von ihm ficken, egal wo hin - nur wenig später liegt sie neben dieser Toilette, die Spritze im Arm, finanziert durch die zwanzig Euro, welches sie für diesen Fick gerade erhalten hat...und sie legt sich zurück an die Wand, neben dieser dreckigen Toilette an diesem widerlichen Ort und endlich nimmt sie die Dosis mit an einen Platz, den sie so geliebt hat, sie Kind sein durfte, noch lachen konnte und so geborgen war, bevor der Vater in ihr Bett kam, ihr jede Unschuld nahm und die schwangere Mutter sie dann hinaus warf vor zwei Jahren,weil - laut ihrer Aussage - die Tochter ihr den Mann nahm...
Und nicht unweit, im Cafe gegenüber sitzt ein Pärchen, der Mann hält ihre Hand, liebevoll wie es aussieht, fährt ihr durch das Haar, lächelnd - ein schönes Pärchen, gut angezogen, vielleicht Anfang dreißig ...und nur wenig später im Hausflur ihres schönen Wohnhauses, kaum das die Tür zu ist, schlägt er ihr mit der Faust in den Bauch, der von der Schwangerschaft schon etwas angeschwollen ist, weil er ihr „zurück-zucken“ bei seiner Berührung im Cafe bemerkt hat und genau dies ihr austreiben will, weil sie wissen muss, dass sie ihm gehört, ihr immer zu Willen sein muss - und sie schlägt den Halt verlierend von der Wucht des Schlages kopfüber auf den wunderschönen Marmor auf, den sie ausnahmsweise mit Aussuchen durfte...und übergibt sich, den teuren Kuchen von vorhin kotzt sie aus...und wieder holt er aus, tritt sie,mehrmals, feste, nicht nur in den schwangeren Bauch mit dem Kommentar „Wisch den Scheiß wieder auf!“ und abschätzend fügt er hinzu:...“ und wehe, das man etwas nun in deinem Gesicht sieht, weil du nun mit dem Kopf aufgeschlagen bist. Und was bin ich froh über diesen hässlichen Marmor, den du ja mal gut ausgesucht hast - der geht wenigstens nicht kaputt!“ Er wendet sich lachend ab von ihr, richtet seine Krawatte in den Spiegel schauend und sagt: „Schatz, ich bin heute Abend wieder da, gegen 19 h und bitte, hab was anständiges dann zu Essen da, ich ertrage dieses Durcheinander hier jetzt gerade nicht!“ Sie richtet sich etwas auf, schaut ihm nach, mit Tränen im Gesicht und bemerkt dabei, das wohl wieder einmal etwas in ihr kaputt gegangen ist, Blut fließt langsam und schmerzvoll aus ihr hinaus....
Und wieder in der gleichen Stadt, steht eine Alleinerziehende Mutter von vieren vor dem Spiegel, zieht den Lippenstift nach und dreht sich zu ihren Kindern um, die alle sich auf den Nachmittag bei Freunden freuen, weil sie da eingeladen sind - und sie gehen alle los, lachen und spielen den ganzen Nachmittag, haben so viel Spass...und erst am Abend, wenn die Kinder im Bett sind,zieht die Mutter sich aus und man erkennt die vielen alten und auch frischen Narben an den Oberschenkeln und Beinen, die vom Ritzen stammen, wenn sie sich mal wieder nicht fühlen kann, weil das Gefühl tot zu sein tief in ihr drin sie so emotionslos macht, nicht fühlen kann und nur das herauslaufende Blut aus der eigenen zugefügten Wunde und der leichte Schmerz dadurch, das eigene Leben fühlen läßt...
Es gibt so viele Geschichten, jede ist anders, individuell verschieden und nicht jeder Betroffene ist versunken in einer Droge, einen Sumpf, einer beschissenen Beziehung...viele sind alleine, weil sie nicht jemanden neben sich ertragen, Nähe zu nah ist und die Wunden des Missbrauchs einfach Leben nimmt, Normalität nicht erkennbar macht oder genau umgekehrt, sind Manager/Managerinnen großen Unternehmen und führen „ein perfektes Leben“... wie es auch ist, erlebter Missbrauch ist ein Störfaktor im Leben und macht krank!
Liebe Betroffene, ihr seit nicht alleine...
versucht Ausdruck zu finden, um die Stummheit zu bekämpfen und wisse, diese Scham und diese Schuld: sie er-drückt uns alle, aber DU hast keine Schuld daran, das dein Körper reagiert hat, alles ein Geheimnis ist und war, du dich vielleicht immer noch schuldig fühlst... - und wenn du, ganz langsam versuchen kannst, Ausdruck für deine Stummheit zu finden...ein Bild malen, ein paar Worte finden, vielleicht auch einfach singen oder tanzen kannst, ist dies ein Anfang und nimmt diesen Taten die Macht über dein Leben und du wirst ganz langsam wieder selbst bestimmt von dir - und das Wichtigste: gib dir Zeit dafür!






mel alazza

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